Neuerungen für Kreditinstitute beim aufsichtsrechtlichen Netting

Viele Kreditinstitute sind bisher glimpflich durch die SARS-CoV-2 Pandemie gekommen. Aber steigende Ausfälle in den Kreditportfolien durch zunehmende Unternehmensinsolvenzen können die Eigenkapitalquote der Institute erheblich belasten. Eine Möglichkeit, die Eigenkapitalquote zu entlasten, bietet das aufsichtsrechtliche Netting von Derivatepositionen und Sicherheiten im Sinne der Art. 295 CRR ff.

Durch die Nutzung standardisierter Verträge können die Institute Risiken aus derivativen Kreditpositionen reduzieren. Beim Liquidationsnetting (Close-Out Netting) werden mit Eintritt bestimmter Ereignisse – z.B. Insolvenz des Kontrahenten – alle Positionen, die unter dem Rahmenvertrag abgeschlossen werden, insolvenzrechtlich in einer Position zusammengefasst. Das Kreditrisiko kann also auf einen Überhang reduziert werden.

Allerdings ist die Nutzung des Liquidationsnetting an einige Voraussetzungen gebunden, die von dem Kreditinstitut zu erfüllen und deren Erfüllung der BaFin und der Deutschen Bundesbank anzuzeigen sind. Insbesondere die folgenden Punkte stellen große Anforderungen an die organisatorischen Abläufe aber auch die IT-Prozesse dar:

  • Die Institute müssen über Rechtsgutachten verfügen, die bestätigen, dass die Ansprüche und Zahlungsverpflichtungen des Kreditinstituts nicht über den Saldo der positiven und negativen Marktwerte der erfassten Geschäfte hinausgehen. Zudem muss das Institut über Verfahren verfügen, die gewährleisten, dass die Rechtsgültigkeit und Durchsetzbarkeit der Nettingvereinbarungen erhalten bleibt. Bei Kontrahenten mit Sitz außerhalb Deutschlands schließt dies auch die jeweiligen ausländischen Rechtsvorschriften mit ein.
  • Die IT Systeme müssen in der Lage sein, die Positionen, die unter einen Rahmenvertrag fallen zusammenzuführen um jederzeit die Höhe der genetteten Kreditrisikoposition bestimmen zu können. Dies ist nicht nur für die Meldung des Gegenparteiausfallrisikos erforderlich, sondern auch für die Steuerung der internen Kreditvolumenobergrenzen.

Whats New

  • Ab dem 01. Oktober 2020 müssen Less Significant Institutions (LSI´s) und andere Kreditinstitute, die unter die Eigenmittelverordnung CRR fallen, für die Anzeige an die Aufsichtsbehörden ein standardisiertes Anzeigeformular verwenden. Dieses kann auf der Homepage der BaFin abgerufen werden.
  • Ab dem 28. Juni 2021 wird das Gegenparteiausfallrisiko nach dem neuen „Standard Approach for Credit Counterparty Risk“ (SA-CCR) bestimmt und löst damit die Marktbewertungsmethode (SA-CEM) und die bisherige Standardmethode ab. Nur Kreditinstitute mit einem sehr kleinen Deriavteportfolio können zukünftig die stark vereinfachte Ursprungsrisikomethode anwenden. Dafür darf das Volumen der bilanziellen und außerbilanziellen Derivate 100 Mio. EUR und fünf Prozent der bilanziellen Aktiva nicht überschreiten.
  • Sollte Großbritannien die EU zum 31.12.2020 verlassen, sind alle abgeschlossenen Nettingvereinbarungen mit Kontrahenten aus dem Vereinigten Königreich darauf hin zu untersuchen ob diese weiterhin durchsetzbar sind. Insbesondere bei einem ungeregelten Austritt werden viele rechtliche Fragestellungen nicht einfach zu beantworten sein und ein Kreditinstitut muss sich entscheiden, ob diese Nettingvereinbarungen weiterhin bei der Kreditrisikominderung berücksichtigt werden sollen.

Christoph Kremer, freiberuflicher Mitarbeiter der TwoHands Consulting GmbH

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